Titelbild Römische Ruinen Michaelerplatz by Viator Imperi, unverändert übernommen von https://www.flickr.com/photos/viatorimperi/6405633595 , Vielen Dank für das Bild!

Nicht oft passiert es, dass die Geschichte neu geschrieben wird. Manchmal kommt es aber vor, dass eine neue wissenschaftliche Entdeckung das Umschreiben der Geschichtsbücher erfordert.

So eine Erkenntnis ist vor kurzem einem Historiker namens Niklas Rafetseder im Rahmen seiner Dissertation gelungen. Die Digitalisierung bietet hier ganz neue Möglichkeiten. Durch Datenbanken sind Funde global zugänglich. So hat der Historiker an einer Stadtrechtstafel geforscht, die in den 80er Jahren in Andalusien gefunden worden ist.

Die Römer hatten ganz klare Rechte für Städte – es war ganz klar geregelt, was ein Municipium oder eine Colonia war – und die Entscheidung darüber oblag dem Kaiser höchstpersönlich. Dabei ging es um Privilegien wie die Eintreibung von Steuern, Rechtssprechung, Bekleidung öffentlicher Ämter bis hin zu Bürgerrechten. Um derartige Rechte zu verleihen, haben die Römer Gesetzestexte verwendet, die allerorts mehr oder weniger gleich aussahen. Man hat sie auf Bronzetafeln verewigt, die im Laufe der Jahrhunderte meist verloren gegangen sind. Bronze war wertvoll und wurde wiederverwendet.

Vindobona – Römisches Museum, Wien
Bild by Viator Imperi – unverändert übernommen von
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Eine solche Bronzetafel, oder besser ein Fragment davon, hat man allerdings 1913 Am Hof 4 ausgegraben.

Was hat jetzt dieses Fragment, das seit seiner Ausgrabung im Wien-Museum aufbewahrt wird mit der Tafel aus Andalusien zu tun? Ja, der Vergleich der beiden Tafeln lässt den Schluss zu, dass es sich bei dem Fragment aus Wien um einen Teil einer Bronzetafel handelte, die Vindobona das Stadtrecht verlieh.

Damit stößt der Historiker Rafetseder die Annahme um, dass der Stadt Wien erstmals unter Leopold VI. dem Glorreichen im Jahre 1221 das Stadtrecht verliehen worden ist. Das bedeutet, dass Wien schon etwa 1000 Jahre länger die Privilegien einer Stadt genossen hat. Diese Erkenntnis hat dem Dissertanten sogar den Theodor-Körner-Förderpreis eingebracht und die Gewissheit, dass die Geschichtsbücher zumindest der Stadt Wien umgeschrieben werden müssen.

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